Dokumentation - Boom der Bunker | ARTE Re:
Der Ukraine-Krieg hat in Europa das Bedürfnis nach unmittelbaren Schutzmaßnahmen geweckt. Viele fragen sich, wo sie im Ernstfall Zuflucht finden. In Deutschland gibt es für die rund 84 Millionen Einwohner:innen heute weniger als 500.000 Bunkerplätze. Dagegen ist die sogenannte Schutzraumpflicht in der Schweiz sogar gesetzlich verankert ...
2007 hat Deutschland beschlossen, einen Großteil seiner öffentlichen Schutzräume stillzulegen. Viele von ihnen sind jetzt Hotels, Galerien oder Museen. Wie zum Beispiel ein großer Bunker in Ilbenstadt bei Frankfurt am Main. Ob er wieder reaktiviert werden kann? Der Zivilschutzexperte Andreas Kling berät Behörden beim Katastrophenmanagement und kennt sich mit Schutzanlagen aus. Sein Fazit nach der Besichtigung: „Um unseren Zivilschutz ist es schlecht bestellt. Er war jahrzehntelang nur ein Anhängsel des Katastrophenschutzes. Und das muss sich wieder ändern."
Das ist in der Schweiz anders: Dort ist fast jedes Gebäude mit einem Schutzraum ausgestattet. Die Firma Mengeu bei Zürich hat sich auf den Bau von Bunkern und deren Ausstattung mit Schutzraumtechnik spezialisiert. Seit dem Ukrainekrieg erhält die Firma mehr Aufträge als sonst, darunter auch viele Anfragen aus dem Ausland. Das Schweizer Modell sieht auch vor, dass die Bunkeranlagen mindestens alle zehn Jahre auf ihre Funktionstüchtigkeit kontrolliert werden. So soll verhindert werden, dass im Ernstfall eine tonnenschwere Panzertür klemmt oder ein Gasfilter ausfällt.
Welche Herausforderungen ein Aufenthalt im Bunker mit sich bringt, weiß Hauptmann Pius Bleisch von der Schweizer Armee. Denn das Militär nutzt regelmäßig alte Bunkerfestungen als Kaserne. So auch die Festung Castels im Kanton Sankt Gallen. Hier verbringt Bleischs Kompanie regelmäßig mehrere Wochen im Jahr. Das Leben unter Tage ist für die Männer und Frauen gewöhnungsbedürftig: Es gibt kein Tageslicht, die Luft ist stickig und der WLAN-Empfang schlecht.
Reportage (D 2022, 33 Min)
Text und Video Quelle: SPIEGEL TV für ARTE Re: